In Kooperation mit der Johannes-Vatter-Schule in Friedberg haben wir im vergangenen Frühjahr ein Empowermentseminar für hörgeschädigte Schülerinnen und Schüler an Regelschulen angeboten.
Die Veranstaltung wurde finanziell durch die AOK Hessen unterstützt. Im Folgenden finden Sie einen Erfahrungsbericht zu dem Seminar von Susanne Schreiner. Falls sie nach der Lektüre den Wunsch haben, dass ihr Kind auch mal ein Hörtaktikseminar besuchen soll, empfehlen wir Ihnen sich für unsere diesjährige Elterntagung anzumelden. Im Rahmen des Kinderprogramms findet nämlich auch ein Empowermentseminar statt.
Erfahrungsbericht von Susanne Schreiner:
„Die Johannes-Vatter-Schule in Friedberg, das überregionale Förder- und Beratungszentrum mit Förderschwerpunkt Hören, hat für hörgeschädigte Regelschüler im Alter von 8-11 Jahren (3. – 5. Klasse) im Frühjahr 2015 samstags die Türen geöffnet. Eingeladen hatten wir in Kooperation mit der Johannes Vatter Schule, zum Seminar „Hörtaktik / Empowerment“ mit Referent Dr. Oliver Rien, Diplom-Psychologe aus Nürnberg und selbst hörgeschädigt.
Ziel des Seminars war es, dass sich die Kinder mit der eigenen Hörschädigung anders auseinander setzten, als es sonst im Alltag üblich und möglich ist. Dabei haben sie Rollenspiele, verschiedene Kommunikationshilfen und Anders-Sein kennengelernt, wobei das eigene Handicap anzunehmen im Vordergrund stand. Dank der professionellen und authentischen Begleitung durch Dr. Oliver Rien gelang es den Schülern, sich konstruktiv mit ihrer Identifikation als Hörge¬schädigte zu beschäftigen. Eine Erfah¬rung, die stärkte!
Die Eltern hatten zeitgleich die Möglichkeit sich auszutauschen und ihre Erfahrungen weiterzugeben. Bernhard Hohl, Konrektor und Leiter der Pädaudiologischen Beratungsstelle, sowie Astrid Bring, Leiterin des mobilen Dienstes, standen den Eltern für Fragen rund um die inklusive Beschulung sowie das erstmalig veranstaltete Hörtaktik-Seminar zur Verfügung. Nicole Schilling, stellv. Vorsitzende der Elternvereinigung hörgeschädigter Kinder in Hessen hob hervor, dass Hörtaktik zwar seit kurzem an der Johannes-Vatter-Schule unterrichtet wird, dies aber für die rund 300 hörgeschädigten Schüler an wohnortnahen Regelschulen noch nicht vorgesehen sei. „Diese wie andere Lücken im System gilt es zeitnah und flächendeckend zu schließen“, betonte Nicole Schilling weiter.
Nach dem Mittagessen stand Dr. Oliver Rien den Eltern zur Verfügung, wobei schnell die Frage aufkam „Wie kann ich mein hörgeschädigtes Kind dabei unterstützen, für sich und seine Bedürfnisse besser einzutreten?“ So ist es sehr wichtig, die Ressourcen der Eltern zu aktivieren, damit sie Ihre Kinder besser unterstützen können. Eine Hörschädigung stellt für Kinder sowie für ihre Eltern eine große Herausforderung dar. Die heutige Technik schafft eine gute Ausgangsbasis für die Teilhabe hörgeschädigter SchülerInnen am Unterricht. Hier können z. B. Schriftsprachdolmetscher online zugeschaltet werden oder Gebärdensprachdolmetscher helfen den Kindern im Bedarfsfall im Unterricht.
Die Kinder konnten sich am Nachmittag kreativ unter Anleitung von Kunstlehrerin Tatjana Bruder in experimenteller Kunst ausprobieren und sich mit Begeisterung auf dem Schulgelände austoben. Dabei stand die Begegnung und einander kennen lernen der Kinder im Mittelpunkt, da sie im (Schul-) Alltag kaum Kontakt zu anderen Hörgeschädigten haben. Danach wurden sogar Handynummern getauscht!
Beide Tage waren gut besucht und die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zogen ein sehr positives Resümee. Ganz herzlichen Dank für die großartige Unterstützung durch die Leitung der Ambulanz Frau Bring und Herr Hohl (Johannes- Vatter-Schule, Friedberg), die an beiden Tagen anwesend waren. Es war ein sehr spannender, informativer und gelungener Tag, der unbedingt fortgesetzt werden sollte.„